CONTEXT 2024
Die neue Sektion erforschte übersehene und einflussreiche Künstler.
viennacontemporary 2024 feierte das Debüt von CONTEXT, einer neuen Sektion, die neun Einzelausstellungen von Künstler:innen aus dem späten 20. Jahrhundert zeigte. Viele der ausgestellten Künstler:innen wurden einst übersehen und wurden nun in zeitgenössischem Licht neu betrachtet: „Barrieren für den Zugang zur Kunst fallen, und wichtige Künstler:innen, die einst aufgrund von Geschlecht, ethnischer Herkunft oder geografischer Lage übersehen wurden, erhalten endlich die Anerkennung, die sie verdienen,“ erklärt Pernilla Holmes, die die Erstausgabe von CONTEXT kuratiert hat.
Fokus auf Frauen und internationale Künstler:innen
Sechs der neun präsentierten Künstler:innen waren Frauen, von denen viele avantgardistische und performative Praktiken entwickelten, die traditionelle Vorstellungen von Weiblichkeit in Frage stellten und die Wahrnehmung weiblicher Begierde neu definierten. Ihre Werke konfrontierten oft die Grenzen dessen, was männliche Künstler traditionell als „Hochkunst“ definierten.
Darüber hinaus hob CONTEXT Künstler:innen hervor, die bahnbrechende Beiträge zur Kunstgeschichte leisteten. Techniken wie Collage und Abstraktion, die heute feste Bestandteile der zeitgenössischen Kunst sind, wurden von diesen Künstler:innen bereits früh in ihren Karrieren vorangetrieben.
Kosara Bokšan | Galerie RIMA: Die serbische Künstlerin und Gründungsmitglied der Zadar-Gruppe entwickelte sich von Realismus zu Abstraktion und Symbolismus und experimentierte konsequent mit Bewegung und Farbe. Ihre Arbeiten wurden in bedeutenden Einzelausstellungen in ganz Europa gezeigt sowie in einer großen Retrospektive im Jahr 2001 im Museum für Zeitgenössische Kunst in Belgrad.
Orshi Drozdik | Einspach & Czapolai Fine Art: Die ungarische bildende Künstlerin mit Sitz in New York wurde zu einer führenden Persönlichkeit der ungarischen Konzeptkunst und der internationalen feministischen Kunst. Ihre Performances wie Nude Model (1977) kritisieren die Geschlechterungleichheit und untersuchen den männlichen Blick, indem die Künstlerin ihren eigenen Körper als Medium verwendet.
Inge Dick | Sturm & Schober: Die österreichische Film- und Fotokünstlerin Inge Dick ist bekannt für ihre Erforschung von Licht und dessen visueller Darstellung durch Fotografie. Ihre Arbeiten wurden international ausgestellt, unter anderem 2018 in der Ausstellung Shape of Light der Tate Modern.
Zsuzsi Ujj | acb Galerie: Die Fotografien, Keramiken und Performancekunst der ungarischen Künstlerin aus der Underground-Kunstszene Budapests hinterfragen stereotype Frauenrollen und reflektieren den kulturellen Wandel Ungarns in den 1980er-Jahren.
Max Weiler | W&K – Wienerroither & Kohlbacher: Der Tiroler Maler verwandelte in seiner 70-jährigen Karriere Landschaften und Natur in abstrakte Kompositionen. Seine Auftragsarbeiten umfassen Fresken und Wandmalereien in Innsbruck und Linz. Weiler vertrat Österreich auf der Biennale von Venedig im Jahr 1960.
Arnulf Rainer | Galerie Ruberl: Der Pionier der Art Informel erwarb durch seine strukturierte, meditative Abstraktionen internationale Anerkennung. Er vertrat Österreich auf der Biennale von Venedig 1980, und seine Werke befinden sich in bedeutenden Institutionen wie dem Museum of Modern Art und dem Guggenheim Museum.
Vlasta Delimar | galerie michaela stock: Die kroatische Performancekünstlerin nutzt ihren Körper, um weibliche Sexualität zu erforschen und gesellschaftliche Geschlechterrollen in Frage zu stellen. Ihre Performances integrieren oft traditionelle weibliche Symbole wie Spitze und Schleier, um gesellschaftliche Normen zu hinterfragen. Bei viennacontemporary 2024 thematisierte sie zusätzlich mit ihrer Performance „The Right to an Orgasm at Over 60“ das Tabu von Sexualität im Alter.
André Verlon | Kunsthandel Hieke: Der als Willy Verkauf geborene österreichische Künstler ist vor allem für seine experimentellen Collagen bekannt, die Einflüsse aus Kubismus und Fotomontage vereinen. Seine politisch aufgeladenen Werke wurden u.a. in der MoMA-Ausstellung The Art of Assemblage 1961 gezeigt.
Kiki Kogelnik | Galerie bei der Albertina Zetter: Die österreichische Künstlerin, die historisch mit Pop-Art assoziiert wird, entwickelte einen unverwechselbaren Stil, der lebhafte Farben, geometrische Kompositionen und futuristische Darstellungen des weiblichen Körpers kombinierte. Ihre Arbeiten wurden in Institutionen wie der Kunsthalle Krems und der Österreichischen Galerie Belvedere ausgestellt.
Über die Kuratorin: Pernilla Holmes ist seit 2010 Direktorin von Wedel Art und hat zahlreiche Ausstellungen und Kulturprojekte mit prominenten Künstler:innen wie Theaster Gates, Shara Hughes und Frank Bowling geleitet. Mit einem MA vom Courtauld Institute hat Holmes ausführlich für Publikationen wie die Financial Times und ARTnews geschrieben und Vorträge sowie Podiumsdiskussionen zu Themen wie neuen Trends beim Sammeln und übersehenen Künstler:innen in der Kunstwelt veranstaltet.
Bilder: Niko Havranek, kunst-dokumentation.com