Viennacontemporary

„Mich fasziniert, was Kunst mit einem macht.“

Collectors Interview | Konstantin Kraus

Zur Kunst fand der Unternehmer Konstantin Kraus über eine Afterparty der Frieze London und bedauert, dass dieser Zugang hierzulande eher belächelt wird. Im Gespräch mit viennacontemporary reflektiert er über die Anfänge seines Sammelns und die Herausforderungen, in der teils verstaubten österreichischen Kunstszene anzudocken.


 

viennacontemporary: Wir sitzen hier im cowerk | DesignPalais, was ist dieser Ort?

Konstantin Kraus: Den habe ich mit zwei anderen Unternehmern mitgegründet. Wir haben dieses schöne Palais im Zentrum Wiens gefunden; es ist eine Art Showroom, Event Location und Coworking Space. Und ich finde es so spannend, dass wir hier Investor:innen und Wirtschaftstreibende mit Kreativen, also Designer:innen und Architekt:innen zusammenbringen.

viennacontemporary: Vom Design zur Kunst, das ist naheliegend. Wie hast du mit dem Sammeln begonnen?

Konstantin Kraus: Eine Sammlung ist ein großes Wort (lacht), ich fange gerade erst an. Meine ersten Kunstwerke habe ich vor drei Jahren in London gekauft. Sehr untypisch für den Stereotyp des belesenen Kontinentaleuropäer bin ich nicht über mein umfassendes Kunstwissen dazu gekommen, sondern weil die Frieze so tolle Afterpartyies hat. Dort war ich und war begeistert, was da für unterschiedliche Menschen zusammenkommen, wirklich einmalig. Das war der ursprüngliche Zugang. Ich habe dann gemerkt, dass die Leute hier in Wien diesen Party-Zugang eher belächeln; er erinnert an den Stereotyp der amerikanischen Sammler:innen mit viel Geld aber ohne Verständnis von der Kunst – die, die nicht wissen, dass die Art Basel nicht nur in Miami stattfindet. Dabei haben die sehr viel Disposable Income.

Der cowerk | DesignPalais Meeting Room. Designerlampen von ELOA. 

viennacontemporary: Du meinst, der Kunstmarkt in Wien ist geschlossener?

Konstantin Kraus: Ich glaube, es ist tatsächlich in anderen Ländern ein bisschen leichter, Anschluss zu finden. Wir haben zwar viele Galerien, sehr viele davon auch mit internationaler Ausrichtung. Aber es ist trotzdem nicht ganz leicht, von außen reinzufinden. Da habe ich vielleicht doch nur gar nicht die richtigen Leute noch kennengelernt. Oder ich habe den Zugang nicht.

viennacontemporary: Viele Menschen berichten von Scheu, eine Galerie zu betreten. Woran liegt das?  

Konstantin Kraus: Ich glaube, der Zugang dazu ist manchmal ein bisschen trocken oder aus der Zeit gefallen. Die Hemmschwelle, wohin zu gehen, ist relativ hoch, weil man tendenziell estimiert und im Zweifelsfall kritisch beäugt wird – Wer ist denn das überhaupt und kennt er sich genug aus? Man hat Angst, sich mit Halbwissen bloßzustellen.

viennacontemporary: Daran arbeiten wir als Messe, diese Hemmschwellen abzubauen und eine Erstbegegnung zu erleichtern, auch durch den kommerziellen Charakter. 

Konstantin Kraus: Eben, da habe ich den Eindruck, dass dieser kommerzielle Charakter in der hiesigen Kunstwelt ein bisschen verpönt wird. Das führt aber dazu, dass die Leute nur in ihrem eigenen Umfeld bleiben, wodurch es immer elitärer wird und viele Leute ausgegrenzt werden, die sich dann zum Beispiel nach London orientieren, weil es dort viel offener ist. Aber ich würde mich sehr über einige Tipps freuen, wo ich andocken kann. 

Holzmöbel von Mowo Studio, gegründet von der Wiener Designerin Lisa Holzer

viennacontemporary: Was interessiert dich genau an Kunst? 

Konstantin Kraus: Mich interessiert das, was es mit einem macht. Als ich klein war, sind wir sehr oft in Museen gegangen und mein Vater hat immer gesagt, „Kunst muss etwas auslösen. Wenn sie dir Interpretationshilfen geben, ist eine Möglichkeit, aber du musst es nicht für bare Münze nehmen. Viel wichtiger ist, was tut die Kunst mit dir? 

viennacontemporary: Wie entscheidest du, welche Kunst du kaufst?

Konstantin Kraus: Meine Frau geht danach, was ihr gefällt, und ich sehe mir dann an, was einen guten Return on Investment hätte. Dazu habe ich mir ein Excel Sheet angelegt. Da gibt es ja so eigene Vergleichswebseiten, wo du schauen kannst, welche Preise wurden erzielt, welche Größen hat es… und da habe ich eben Indikatoren zusammengestellt, wie ich das sonst aus der Unternehmensbewertung kenne. Und so ergänzt sich das ganz gut – Meine Frau hat das Auge für das Schöne und ich schaue mir das dann von der finanziellen Seite her an.

viennacontemporary: Also ist Sammeln für dich ein Investment? Würdest du auch wieder verkaufen?

Konstantin Kraus: Kunst ist in Österreich schon eine spannende Asset Class, weil sie nach einem Jahr steuerfrei ist – was man von Wertpapieren nicht behaupten kann. Also kann es auch ein gutes Investment sein. Aber tatsächlich habe ich jeden Tag so eine große Freude an meinen Werken, dass ich eigentlich gar nichts verkaufen möchte.  

viennacontemporary: Das ist ja auch ein schönes Return on Investment. 

Konstantin Kraus: Unbezahlbar, eigentlich.

Konstantin Kraus in seinem „Büro“.

viennacontemporary: Kaufst du unterschiedliche Medien?

Konstantin Kraus: Ich habe zwei schöne NFTs von Creepz by OVERLORD zum Beispiel. Da interessiert mich vor allem dieser Community-Gedanke. Es ist eigentlich eine Wette darauf, dass die Sache aufgeht. Wie in der Vergangenheit, wenn ein Mäzen ein Kunstwerk in Auftrag gegeben hat und Vertrauen in vielleicht noch nicht so etablierte Künstler:innen hatte. Und dann habe ich noch den Clase Azul Tequila (Día De Muertos limited editions), die in speziell gestalteten Flaschen kommen. Ob ich die irgendwann trinken werde oder nicht, das weiß ich noch nicht.

viennacontemporary: Wie hast du dein erstes Bild hierzulande erstanden? 

Konstantin Kraus: Da habe ich zum ersten Mal bei einer Auktion mitgemacht und das war irrsinnig spannend, dieser Adrenalin Rush, wenn du da mal wirklich mitbietest. Ich dachte immer, das würde wesentlich langweiliger vonstattengehen. Da hat sich meine Frau durchgesetzt und es wurde ein schönes Bild von Marius Seidlitz für unser Wohnzimmer. Und das andere war von Hassan Hajjaj, einem marokkanischen Künstler. 

viennacontemporary: Hat es dir einfach gefallen oder kam das aus deinem Excel Sheet als positiv bewertet? 

Konstantin Kraus: Beides. Also, natürlich hat es mir gefallen, aber es kam tatsächlich in der Bewertung auch ganz oben raus. Immer wenn ich das Bild sehe, habe ich so eine Freude, es inspiriert und motiviert mich. Ich bin Hassan Hajjaj dann auch weiter auf Social Media gefolgt. Da finde ich es schade, nicht zB in London zu leben, weil man die Möglichkeit hätte, direkt bei diesen Künstlern anzudocken und kennenzulernen. Einfach das Gefühl, dass man da vielleicht auch noch näher dran wäre am internationalen Kunstgeschehen. Hier stehe ich als Interessierter, aber weiß gar nicht wie ich da noch mehr Zugang finden könnte, einfach um mehr über Künstler:innen und ihr Schaffen zu lernen. 

Hier lässt es sich arbeiten. Alle Fotos von Maria Belova.

viennacontemporary: Auch in der österreichischen Szene tut sich viel. Interessiert es dich, die näher kennenzulernen? 

Konstantin Kraus: Ich habe mir vorgenommen, mehr Zeit in die österreichische und speziell Wiener Szene zu investieren. Deswegen bin ich auch jetzt dem Salon Leopold beigetreten und gehe zu Veranstaltungen mit den Circle of Patrons. Wenn man dann mit Leuten in Kontakt kommt, findet man Dinge, die einem sympathisch sind. Ich weiß, dass ich auch ganz viel nicht weiß. Deswegen stehe ich dem ganz offen gegenüber, wenn man mich da ein bisschen an die Hand nimmt und mir Möglichkeiten zeigt.